Transall auf Abschiedstour in Trollenhagen
Das Rückrat der Luftwaffe, das bildeten 50 Jahre lang Transportflugzeuge vom Typ Transall C 160. Ob Komplekte, Post, Medizintechnik, Waffen, Panzer, Geschütze, Fallschirmjäger, Minister , Hilfsgüter oder Truppen- die Transall transportierte seit ihrer Indienststellung im Jahre 1967/68 alles zuverlässig an jeden Ort der Welt, an dem die Bundeswehr operierte. Obwohl die Transall je nach Ladung nur 280- 360 km/h Marschfluggeschwindigkeit bzw. Höchstgeschwindigkeit 518 km/h erreicht, besitzt das Flugzeug außergewöhnliche Eigenschaften. So war die Transall C160 das erste Transportflugzeug mit Rückwärtsgang ( andere Flugzeuge benutzen sonst sonst Schubumkehr bzw. benötigen Schlepper) und kann darum am Boden auf der Stelle drehen. Wenn die Rolls-Royce- Propellerturbinen beim Startvorgang aufs Maximum gedreht werden und vorherrschende Winde genügend Auftrieb erzeugen, reichen der C 160- Maschine tatsächlich knapp 100 Meter, bis alle Räder in der Luft sind.
Nach 53 Dienstjahren wird der Flugzeugtyp Transall C160 bei der Bundeswehr mit einer großen Abschiedstour außer Dienst gestellt. Auf zwei Flugrouten, einer im Norden, einer weiteren im Süden der Bundesrepublik, werden alle wichtigen Militärflugplätze überflogen. Eigens dafür wurde eine Transall C160 zur „Retrobrummel“ umlackiert: Auf den Flügelunterseiten stehen die Jahreszahlen 1968(Indienststellung)und 2021(Außerdienststellung), die Flügeloberseiten schmücken die Flaggen von Deutschland und von Schleswig-Holstein. Beide Flaggen sind durch abgebildete Weltkontinente verbunden, auf denen wiederum eine große 63 (steht für Lufttransportgeschwader 63)- eine Reminiszenz an den weltweiten Einsatz der Transall C160. Die linke Seite schmückt das Zeichen des LTG „Hohn“- eine riesige Hummel. Die unterschiedlichen, über den gesamten Flugzeugkörper verteilten Farben sollen Einsatzphasen des Flugzeugtyps Transall symbolisieren- vom UN-Einsatz, über humanitäre Flugaufträge bis hin zum Kampfeinsatz. Die Zuordnung der Farben ist jedoch etwas für Experten und Insider.
Nach einem Überflug landete am 3.6.2021 um 13:58 Uhr die „Retrobrummel“ (Kennung 50+40) auf dem Flughafen Trollenhagen zum Last Call. Die „Retrobrummel“ wurde von abertausenden Zaungästen begrüßt- alle Parkplätze am Flughafen waren überfüllt. Selbst in der Ortslage Trollenhagen gab es keinen freien Parkplatz. Der Fahrer des leeren Linien-Impfbusses 300 musste größtes fahrerisches Können und eine Menge Geduld aufbieten, um unfallfrei an den vielen wild parkenden Kraftfahrzeugen zum Impfzentrum Trollenhagen zu gelangen.
Während die Transall 50+40 auf das Empfagsgebäude zurollte und stoppte, blieb die zweite C160 in der Luft. Da die Gefahrenlage bei der Landung eines Großflugzeuges wesentlich höher ist, als bei einer 4-sitzigen Cessna, wurde die Landung der Transall von einem Feuerwehrkommando der Bundeswehr abgesichert. Ein roter G-Klasse- Führungswagen und eine große Feuerwehr fuhren Spalier. Der Feuerwehrkommandant kletterte aus seinem roten Wolf und salutierte der Transall-Besatzung mit militärischen Gruß, während sich die Nase der Transall zur Feuerwehrbesatzung nach unten zu neigen schien. Ein bewegender Moment, ein Zeichen beiderseitigen Dankes und der hohen Wertschätzung für die viele gemeinsame Jahre der Zusammenarbeit von Bodentruppen und Lufttruppen.
Mit der Außerdienstellung der „Retrobrummel“ endet die Zeit des Lufttransportgeschwaders 63. Nach 60 Jahren löst sich das Geschwader 63 auf. Doch anders, als das Schicksal des Flugplatzes Trollenhagen wird auf Grund des Druckes aus der lokalen Politik in Schleswig-Holstein der Fliegerhorst Hohn/Rendsburg zum Ausweichflughafen für Notfälle und hat weiterhin eine Perspektive.
03.06.2021/14:06 Uhr : Die „Retrobrummel“ startet und wird dabei eindrucksvoll von der 2. Transall überflogen. Keine 300 Meter, dann hebt die 50+40 ab. Noch einmal drehen beide Maschinen mehrere Ehrenrunden über Neubrandenburg und Trollenhagen, bevor sie in Richtung Anklam fliegend, in der Ferne entschwinden.
Der Nachfolger der Transall C160 ist der wesentlich größere A400M. Dennoch kann der A400M mit schweren Lasten auch bei verminderter Bodenfestigkeit, also selbst auf Gras und Sand, sicher starten und landen. Darum kann der Flughafen Trollenhagen, obwohl die Start- und Landebahn nicht mehr den Maßstäben moderner Jagdflugzeuge genügt, durch den neuen Truppentransporter A400M genutzt werden. Obwohl die Bundeswehr den regulären Luftbetrieb im Fliegerhorst Trollenhagen eingestellt hat, wird der Luftraum über Neubrandenburg nach wie vor intensiv für militärische Übungsflüge genutzt.