Eine Reise in die Vergangenheit zwischen Neubrandenburg und Altentreptow
Am Tag des offenen Denkmals 2023 besuchte viertorestadt.de für Sie, geschätzter Leser, interessante Objekte in der näheren Umgebung- kommen Sie mit!
Neubrandenburg 10.09.2023/ 10:00 Uhr:
Die Neubrandenburger Bodendenkmalpflegerin Christine Henning führte gut 20 geschichtsinteressierte Expeditionsteilnehmer auf Exkursion zur Ravensburg in eine Zeit nach der Völkerwanderung. Die Germanen hatten das Land verlassen und die Slawen besiedelten diesen menschenleeren Raum. Zum Schutz errichteten die Slawen große Burgen. Diese Burgen waren jedoch nicht aus Stein, sondern mächtige Erdwälle im Schutze von Seen und Sümpfen. Nach gut 1300 Jahren erkennt man von der Ravensburg nur noch 3 Meter flache Erdwälle. Ein archäologischer Schatz, der mit unserer heutigen Technologie nur unzureichend erforscht werden kann, ohne dabei das Denkmal zu zerstören. „Rund um Neubrandenburg gibt es 450 Bodendenkmäler“ sagte Frau Henning. Der beste Schutz für jedes Bodendenkmal ist es, im Erdreich zu verbleiben. Hinzu kommen ein generelles Bauverbot und Metalldetektorverbot, um zu verhindern, das im Erdreich gegraben wird.
Sie erzählte: „In den 70er Jahren wurde eine Tiefbrunnenleitung verlegt. In Absprache mit den damalig verantwortlichen Archäologen wurden alle Wälle der Ravensburg angeschnitten ( insgesamt 5 Schnitte) und eine im Erdreich verborgene Zeitkapsel geöffnet. Im Moorboden fielen die Wälle sofort zusammen. Erstaunlich war, dass kein Holz gefunden wurde“. 1968 wurde eine zusätzliche Grabung in der Hauptburg durchgeführt und ein 4×4 Meter großes Grubenhaus entdeckt. Zur Veranschaulichung der 3-gliedrigen Ravensburg wurde ein grüner Ausdruck eines Leader Scans der Ravensburg gezeigt. Im 7&8. Jahrhundert ist die Informationslage& Quellenlage sehr dünn. Hinzu kommt, dass die Slawen keine schriftlichen Hinterlassenschaften als Vermächtnis hinterließen. Fest steht, das 3- gliedrige Burgen aus der Anfangszeit stammen, denn spätere Slawenburgen ( z.B. Gliencke oder Arkona) wurden ganz anders angelegt. Die Ravensburg bot den Einwohnern von 30 benachbarten slawische Siedlungen Schutz. Die Ravensburg im Burgholz wurde von Ihren Erbauern verlassen, ohne dass kriegerische Auseinandersetzungen oder ein verheerender Brand nachgewiesen werden konnte. Auch die Rosenmalve, ein slawischer Kulturnachfolger, wurde bisher im Burgholz noch nicht gefunden. Nach diesen vielen ungelösten Rätseln öffnete Frau Henning eine mitgebrachte Kiste mit Fundstücken und Replikaten- die Welt in der Ravensburg wurde erleb- und greifbar: Spinnwirtel, Hacksilber, Handelswage, Feuerschläger, Tonscherben, Wetzstein und ein kleiner Krug gingen von Hand zu Hand. Fazit: Eine fesselnde Exkursion.
Altentreptow 10.09.2023/ 12:14 Uhr Sankt Petri
Hausmeister Thomas Burmeister begrüßte 15 Besucher zur Turmführung. Der Weg führte durch die Grünberg-Orgel und durch den Glockenstuhl über 202 Stufen in die 42 Meter hoch gelegene Turmhaube. Beeindruckend war der Blick in den doppelten Dachstuhl. Solch eine Konstruktion ist nur noch aus Anklam und Stralsund bekannt. Einige untersuchte Eichenbalken sollen sogar aus dem Ivenacker Wald stammen. Schmale Treppen, immer höher und höher waren definitiv nichts für Menschen mit Höhenangst. Ein kleines Mädchen wurde beim Anblick der Tiefe, die sich zwischen den alten Holztreppenstufen auftat, recht ängstlich und zögerte.. Doch sie blieb nicht alleine und fasste darum all ihren Mut zusammen… schließlich können Kinder wesentlich besser klettern, als Erwachsene! Oben angekommen, waren alle stolz und froh und genossen einen herrlichen Weitblick in alle Himmelsrichtungen. In St. Petri leben 39 Dohlen, 1Turmfalke und 5 Mauersegler, berichtete Herr Burmeister. Zurück auf dem Kirchenboden berichtete er über Bohrungen für die Kirchenleuchter, den Preußischen Adler und das Sächsische Wappen im Kirchenfenster, über Holzwürmer, Dachpfannen und die Sanierung der Kirche, die er als Hausmeister begleitete.
Fazit: Eine Turmglockenführung mit Einblick in die Blasebälge der Orgel und die Begehung des historisch einmaligen Dachstuhls, eine praktische Einweisung, wie früher die Kirchenglocken geschwungen wurden und der finale Blick in das Tollensetal waren ein nachhaltiges Erlebnis!
Neubrandenburg 10.09.2023 / 17:00 Uhr Fangelturm.
Deutschland ist sensationeller Basketballweltmeister. Nach dem Titelgewinn machen sich dutzende Neubrandenburger zur Besichtigung des Fangelturmes auf den Weg. Baudenkmalpfleger Karsten Heilmann begleitete von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr unzählige Gäste hinauf zu den Zinnen des Fangelturmes. Der Fangelturm wurde um 1400 erbaut und wurde ursprünglich für Verteidigungszwecken genutzt. Nachweislich um 1600 wurden Gefangene im Turm festgesetzt.
Die 3 verschiedenen Türen am Fangelturm waren ständiges Gesprächsthema. So erfuhren die Besucher, dass in allen Wieckhäusern immer links einen gemauerten Eingang in die 1. Etage besaßen. Es ist also anzunehmen, dass ein früheres Wieckhaus zum Fangelturm umgebaut wurde.
Der Fangelturm war vermutlich nur über eine Leiter erreichbar. 1845 rekonstruierte Friedrich Wilhelm Buttel den Fangelturm. Ihm wird der Zugang über die untere Tür zugesprochen. In diesem Zusammenhang rätselten die Besucher über eine eingelassene Steinplatte mit der Jahreszahl 1848. War es das Jahr, als der Fangelturm fertig gestellt wurde, oder wurde der Revolution von 1848 gedacht? Die Turmspitze mit gelben Backsteinen ist dagegen ein Markenzeichen des Landesbaumeisters Buttel. 107 Stufen mussten gestiegen werden, um durch die Zinnen auf die Stadt zu gucken. Interessant war nicht nur der Ausblick, sondern diverse Fachsimpeleien zwischen Besuchern und Neubrandenburgs Baudenkmalpfleger. Ob nun Kaufhof, Ausgrabungen an der Poststraße, Geschichten aus den letzten Kriegstagen oder Erklärungen, warum der 2. Fangelturm in der Turmstraße damals einstürzte- die Besucher erzählten und fragten viel.
Fazit: Mit dem Baudenkmalpfleger Neubrandenburgs zu fachsimpeln, hatte für die meisten Besucher einen sehr hohen Stellenwert.