Traditionell wird auf dem Neubrandenburger Marktplatz am 1. Mai ein Demokratiefest von den Gewerkschaften organisiert. So war es auch am 1.5.2022. Gewerkschaften, Grüne, CdU, SPD, Die Linke, der Deutsche Esperanto Bund, QueerNB, Polizei, Partnerschaft für Demokratie, Deutscher Mieterbund, Deutsche Verkehrswacht und die Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft hatten Stände aufgebaut und machten für Ihre Sache Werbung. Aus zwei großen Cateringzelten wurden Getränke und Bratwurst kredenzt, davor standen ausreichend Bierzeltgarnituren bereit. Hüpfburg und Kleinkind-Spielbereich weckten dagegen das Interesse unserer kleinsten Erdenbürger. Die Malchiner Schalmeien und die Mona Lisa Zumbas sorgten auf der Bühne für gute Stimmung. Großtechnik des Technischen Hilfswerkes und ein Feuerwehr-Leiterwagen flankierten die Festlichkeiten.
Die Eröffnungsrede der Gewerkschaft wurde durch laute Zwischenrufe unterbrochen: „ Wo war die Gewerkschaft während der Corona- Pandemie?“. Gegen 10:06 Uhr traf Ministerpräsidentin Schwesig in Begleitung unseres Oberbürgermeisters Silvio Witt und des DGB- Chefs Ingo Schlüter auf dem Marktplatz ein. Ministerpräsidentin Schwesig nahm ein Bad in der Menge und besuchte die Stände, sprach mit vielen Bürgern, und gönnte jedem ihrer Fans ein begehrtes Selfiefoto. Unsere Ministerpräsidentin hörte sich auch geduldig die Einwände der zahlreichen Demonstranten an. Das Medieninteresse war riesig- NDR-Fernsehen und viele Journalisten waren vor Ort. Sie dokumentierten jeden Schritt der Regierungschefin. Das versuchten wiederum viele Transparentträger auszunutzen, um sich ins Bild zu schieben und ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Es brodelte merklich unter den Zuschauern. Gegen 10:55 Uhr betrat Frau Schwesig die Veranstaltungsbühne, um ihre Festrede zu halten. Doch mit minutenlangen, ohrenbetörenden Protestrufen, Pfiffen und Trillerpfeifen hatte sie nicht gerechnet. „Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung!“ rief die Masse ihr entgegen. Der DGB-Chef Schlüter konnte mit diesem scharfen Protest gar nicht umgehen und rief brüskiert: “ Ihr seid laut, aber wir sind mehr!“ ins Mikrofon. Der DGB-Mann verkannte, das die Mehrzahl der schätzungsweise 500 anwesenden Menschen kritische Bürger waren. So heizte sich die Situation unnötig auf.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam dann endlich Ministerpräsidentin Schwesig zu Wort: „Liebe Neubrandenburger und Neubrandenburgerinnen“… und schon ertönte erneut der Protest…“aber lassen sie mich doch zu Wort kommen!“ entgegnete die Regierungschefin den lautstarken Demonstranten. Die wiederum forderten das Ende von Waffenlieferungen, forderten die Ministerpräsidentin auf, alles in Ihrer Macht stehende zu tun, um den Ukraine-Krieg zu beenden.
Dann begann Frau Schwesig mit Ihrer Rede, forderte gute Arbeit, gute Löhne und gute Renten. Sie verwies auf ihre Wahlversprechen- kostenlose Kitas und den 8. März als zukünftigen Feiertag, den sie auch als zusätzlichen Kampftag für Frauenrechte, aber auch für Männer sehe. Die Werftenkrise in MV hätte Corona verursacht und der Dialog mit ihren Partnern (hier meinte Frau Schwesig vermutlich Nord Stream) wäre richtig gewesen. Viele Bürger hätten ihr, der Ministerpräsidentin von MV, Solidarität ausgesprochen.
Frau Schwesig sagte: „ Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals ein Kanzler in so einer schwierigen Situation, wie Bundeskanzler Scholz steckte. Was können wir für die Ukraine tuen und was können wir dafür tun, damit sich der Krieg nicht ausweitet“. Sobald Ministerpräsidentin Schwesig den Angriffskrieg auf die Ukraine erwähnte, löste sie erneut einen Proteststurm aus. Die Demonstranten forderten einen sofortigen Lieferstopp von schweren Waffen, riefen „Kriegstreiber, Frieden, Freiheit“. Frau Schwesig antwortete: „Leute, durch schreien und Aggression wird nichts besser! Wir müssen miteinander die Probleme lösen! Sie verwies auf eine aktuelle Umfrage, laut der rund 2/3 aller Bürger Angst vor einem drohenden Krieg haben und sich 40 % der Einwohner gegen die Lieferung von schweren Waffen aussprechen…. doch forderten nicht genau das die vielen Demonstranten? Und ging es den Bürgern nicht auch um die Durchsetzung von SPD-Wahlversprechen, wie „Keine Waffenlieferungen in Kriegsgebiete“ und „eine Impfpflicht wird es mit der SPD nicht geben“?. Darauf gab Frau Schwesigs Rede heute keine Antwort. Die Ministerpräsidentin begab sich nicht sofort im Schutze ihrer Security in die bereit stehende BMW-Dienstlimousine, sondern sprach nochmals mit einigen Bürgern. Was im Gedächtnis der diesjährigen Maiveranstaltung bleibt, ist ein unerwartet großer Bürgerprotest, aber auch eine Ministerpräsidentin, die nach wie vor in ihrer Wählerschaft einen großen Sympathiebonus besitzt. Die AFD und das Friedensforum wurden vom Demokratiefest ausgeschlossen und durften sich nicht auf dem Marktplatz präsentieren.